Autoren: Eva Heinen, Diplomsportwissenschaftlerin (Univ), Prof. Dr. med. Edgar Heinen
Die Körperzusammensetzung kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Es existieren beispielsweise Studien, die eine Aussage über die Zusammensetzung des Körpers nach chemischen Elementen, also chemisch definierten Substanzen (molekulare Ebene), der zellulären Ebene oder auch nach verschiedenen, anatomisch definierbaren Geweben ermöglichen.
- Weshalb sollte die Körperzusammensetzung gemessen werden?
- Mittels des BMI kann das Körpergewicht von Personen unterschiedlicher Körpergröße verglichen werden.
- BMI zur Beurteilung des Adipositasgrades
- Körpergrößenadaptierte Zielwerte und Klassifizierung der Adipositasgrade nach Fettmasse
- Körperzusammensetzung und Gewichtsreduktion
- Hat das Fettgewebe oder haben die Muskeln abgenommen?
- Zielwert des Fettmasseindex (FMI)
- Vergleich der weiblichen und männlichen Fettmasse
- Muskelmasse-Index (MMI)
- Vergleich der weiblichen und männlichen Körperzusammensetzung
- Klinisches Beispiel
Die wichtigste Motivation, sich mit der Körperzusammensetzung zu befassen, ist die Adipositas.
Die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, definiert Adipositas als „eine abnormale oder exzessive Ansammlung von Fett, die zu nachteiligen Gesundheitseffekten führen kann“.
Selbstverständlich verwendet heutzutage niemand mehr das Körpergewicht als einzigen Parameter zur Beurteilung, ob jemand adipös ist oder nicht. Die Tatsache, dass die Körpergröße einen sehr signifikanten Einfluss auf das Körpergewicht hat, ist durchaus evident und lässt sich in Abbildung 1 erkennen.

Es gab zahlreiche Versuche, einen Parameter zu finden, der den Einfluss der Körpergröße bei der Beurteilung, ob eine Adipositas vorliegt oder nicht, eliminieren kann. Etabliert hat sich der sogenannte Body-Mass-Index (BMI), der wie folgt ermittelt wird:
BMI = Gewicht (kg) / Größe² (m²) (Was steckt mathematisch dahinter? ein Erklärungsversuch)

Wie Abbildung 2 zeigt, besteht bei Männern keine signifikante Korrelation mehr zwischen BMI und Körpergröße. Allerdings haben kleinere Frauen einen geringen, aber signifikant höheren BMI als größere Frauen. Beispielsweise steigt der BMI von 10 cm kleineren Frauen geringfügig, aber signifikant um 1,2 kg/m². Unsere Erklärung für dieses Phänomen finden Sie im Kapitel FMI.
Die WHO definiert Übergewicht (Präadipositas) als einen BMI (Body-Mass-Index) von > 25 kg/m². Eine Adipositas liegt vor, wenn der BMI > 30 kg/m² ermittelt wird.
Der BMI ist jedoch keineswegs der geeignete Parameter zur Beurteilung, ob eine Person adipös ist oder nicht. Ein hohes Körpergewicht kann durchaus das Resultat stark ausgeprägter Muskeln sein. Die Betroffenen haben dann möglicherweise einen BMI von > 25, aber keineswegs zu viel Fettgewebe. In diese Gruppe fallen nicht nur Bodybuilder, sondern auch sehr muskulöse Athleten werden bei Verwendung des BMI häufig als adipös eingestuft! (zur Häufigkeit der Fehleinschätzung des Adipositasgrades mit dem BMI siehe Link) Umgekehrt gibt es eine signifikante Anzahl von Personen, die einen normalen BMI aufweisen, aber sichtbar zu viel Fettgewebe haben.
Da mit der Dual-Photonen-Absorptiometrie (DEXA) inzwischen ein sehr zuverlässiges Verfahren zur Bestimmung der Fettmasse auf molekularer Ebene zur Verfügung steht und die bioelektrische Impedanzanalyse (BIA), die in der Regel davon abgeleitet wird, ein weniger präzises, aber bei korrekter Anwendung gut reproduzierbares und weniger aufwendiges Verfahren zur Bestimmung der Fettmasse darstellt, ist es unserer Ansicht nach nicht mehr akzeptabel, zur Feststellung der Adipositas und ihres Grades das Körpergewicht anstelle der Fettmasse heranzuziehen!
Um Adipositas zu definieren, ist es unabdingbar, die Fettmasse einer Person zu messen.
Zu diesem Zweck stehen verschiedene Methoden zur Verfügung:
- Unterwasserwägung
- Dual-Photonen-Absorptiometrie, auch bekannt als DEXA
- Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA)
- weitere
DEXA, welches heutzutage als Goldstandard gilt, und BIA werden in separaten Kapiteln erörtert.
Was diese Methoden gemeinsam haben, ist, dass sie zur Messung oder Berechnung der Körperfettmasse verwendet werden können. Wie in den Kapiteln beschrieben
Wie oben dargelegt, sind Fettmasse, fettfreie Masse und Muskelmasse ebenfalls deutlich von der Körpergröße abhängig. Die oben genannten Kapitel zeigen, wie die entsprechenden Normwerte oder Zielwerte für jede Körpergröße unter Verwendung der enormen für den BMI verfügbaren Datenmenge definiert werden können.
Da wir davon ausgehen, dass keineswegs jeder die teilweise komplexen Zusammenhänge durcharbeiten möchte, stellen wir Ihnen die Zielwerte für die Fettmasse von Frauen und Männern sowie die Einteilung in Adipositasgrade in Abhängigkeit von der Körpergröße vorab - als eine Art Zusammenfassung - als Download unter zur Verfügung.
Größenabhängige Klassifikation der Adipositasgrade nach Fettmasse für Frauen
Größenabhängige Klassifikation der Adipositasgrade nach Fettmasse für Männer
Körperzusammensetzung und Gewichtsreduktion
Veränderungen des Körpergewichts resultieren nahezu ausschließlich aus einer Veränderung entweder des Fettgewebes oder der Muskeln - zumindest wenn man die Problematik von Ödemen, also Wassereinlagerungen im Gewebe, außer Acht lässt. Eine signifikante Veränderung des Gewichts der inneren Organe, Knochen und Haut findet sich lediglich in deren Fettmasse, die jedoch bei der Bestimmung der Fettmasse mittels DEXA oder BIA Teil der Gesamtfettmasse ist.
Das Ziel aller Bestrebungen zur Gewichtsreduktion ist es, anschließend weniger Fettgewebe zu haben als zuvor. Es setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass ein Verlust von Muskelmasse kontraproduktiv ist, da er den Grundumsatz reduziert und die Hauptursache für den Jo-Jo-Effekt darstellt.
In ihrer Diplomarbeit im Studiengang Sportwissenschaft an der Technischen Universität München veröffentlichte Eva Heinen Untersuchungen, Interpretationen und Zielwerte für verschiedene Parameter, die für das Verständnis der Veränderungen der Körperzusammensetzung bei einer Gewichtsreduktion von entscheidender Bedeutung sind.
Download: Diplomarbeit Eva Heinen
In der Studie analysierte sie Daten der Messung der Körperzusammensetzung mittels DEXA-Methode von 1006 Personen (709 Frauen und 297 Männern) in der Endokrinologischen Praxis in Nürnberg.
Veränderung der Fettmasse oder der Muskelmasse?
Fettmasse
Mittels der DEXA-Methode konnte in der Arbeit gezeigt werden, dass nicht nur das Körpergewicht, sondern auch die Fettmasse (FM) und die fettfreie Masse (FFM) mit der Körpergröße korrelieren. Wie beim Körpergewicht kann der Einfluss der Körpergröße auf FM und FFM durch Bildung der entsprechenden Indizes: BMI, Fettmasseindex (FMI) und fettfreie-Masse-Index (FFMI) durch Division durch das Quadrat der Körpergröße in Metern praktisch eliminiert werden. Dadurch entstehen von der Körpergröße unabhängige Parameter, die auch statistisch sinnvoll verarbeitet werden können, deren Ziel- / Normwerte definiert werden können und in die Beurteilung der Körperzusammensetzung integriert werden sollten.
Für das Vorgehen zur Definition von Zielwerten für den FMI und die Klassifikation der Adipositasgrade nach FMI siehe hier.
Tabelle 1: Klassifikation der Adipositasgrade nach dem Fettmasseindex (FMI) für Männer und Frauen. Als normales Fettgewebe wurde angenommen, wenn der ermittelte FMI im Bereich für „normal“ gemessen wurde. Gemäß diesen Ergebnissen lassen sich die Unterschiede zwischen Männern und Frauen anhand einer männlichen bzw. weiblichen Person von 1,70 m Größe und 70 kg Körpergewicht veranschaulichen: Für das Vorgehen siehe.
Tab. 2: Körperzusammensetzung einer 1,70 m großen, 70 kg schweren Person (Mann oder Frau), bei der der Fettmasseindex aus der Regressionslinie zwischen BMI und FMI für einen BMI von 24,2 kg/m² abgelesen wurde. Für Details siehe Kapitel FMI. Die eher großen Unterschiede in der Körperzusammensetzung hinsichtlich Fettmasse und fettfreier Masse werden in der folgenden Abbildung deutlicher:

Muskelmasse
In vielen Publikationen wird die Muskelmasse mit der fettfreien Masse des Körpers gleichgesetzt. Innere Organe, Haut, Knochen, Gehirn und auch die Tatsache, dass das Fettgewebe nicht nur aus Fettmasse, sondern im Durchschnitt zu etwa 22% aus fettfreiem Gewebe besteht, werden einfach vernachlässigt. Die Auswirkungen dessen werden in Abb. beschrieben. 6. Doch der Reihe nach:
Die FFM setzt sich aus der Muskelmasse, der fettfreien Masse des Fettgewebes und der Masse aller anderen Organe zusammen.
Es ist relativ einfach, aber besonders wichtig, die FFM des Fettgewebes zu berücksichtigen: 1 kg Fett repräsentiert dann zusätzlich 0,28 kg fettfreie Masse des Fettgewebes.
In der Literatur gibt es zahlreiche Daten, die eine Abhängigkeit von der Körpergröße für die meisten Organgewichte zeigen. Demnach besteht eine 70 kg schwere Person von 1,7 m Größe (ob männlich oder weiblich) neben Muskel- und Fettgewebe aus etwa 22 kg: Haut, Knochen und inneren Organen. Daraus lässt sich ein Index (HKIO-Index) von 7,6 kg/m² berechnen.
Der Muskelmasse-Index kann dann einfach als Differenz berechnet werden:
MMI = BMI - FMI x 1,282 - 7,6 kg/m² (HKIO-Index)
Alle Indizes können in das tatsächliche Gewicht einer Person umgerechnet werden, indem der Index mit dem Quadrat der Körpergröße (in Metern) multipliziert wird.
Vergleichen wir die in Abb. 3 dargestellte Frau und den Mann unter Berücksichtigung der zusätzlichen Parameter (fettfreie Masse des Fettgewebes und der Faktor für Haut, Knochen und innere Organe), ergibt sich folgende Körperzusammensetzung:

Die Daten werden in Abb. visualisiert. 4:

Abb. 4 zeigt deutlich, wie sehr sich Frauen und Männer bei identischem BMI hinsichtlich Körperfettmasse und Muskelmasse unterscheiden. Die Details werden in den entsprechenden Kapiteln dargestellt.
Die folgenden Normwerte für die Muskelmasse von Männern und Frauen wurden im MMI-Kapitel abgeleitet:
Frauen: 5,0 ± 1,9 kg/m²
Männer: 10,6 ± 2,2 kg/m²
Die Mittelwerte ± 1 Standardabweichung sind angegeben.
Klinisches Beispiel
Das folgende klinische Beispiel veranschaulicht, warum dieser Aufwand betrieben werden sollte:
Ein 18-jähriger Mann stellt sich bei einem Endokrinologen wegen massiver Adipositas und einer unterentwickelten Extremität vor. Die Daten:
Größe 1,87 m, Gewicht 116 kg, massives subkutanes Fettgewebe. Penis und Hoden waren schwer zu finden (zu klein mit 2 - 3 ml), der Penis war fast vollständig in mindestens 10 cm Fettgewebe vor dem Schambein verborgen. Vom Schulsport befreit, wagte er es nicht, in Anwesenheit anderer zu duschen. Keine weiteren Auffälligkeiten außer einem für sein Alter etwas zu niedrigen Testosteronspiegel.
Möglicherweise haben die Informationen über die gesundheitlichen Probleme im Zusammenhang mit Adipositas ihn zur Gewichtsabnahme motiviert, aber mit Sicherheit war es die Aussage des Endokrinologen, dass sich die sexuelle Entwicklung normalisieren würde, wenn er erheblich an Gewicht verlöre. Bereits das Zusammendrücken des Fettgewebes vor dem Schambein brachte einige Zentimeter des Geschlechtsorgans zum Vorschein!

Abbildung 6 zeigt den Verlauf: Ernährungsberatung und Fitnessstudio-Mitgliedschaft (3 - 4 Besuche pro Woche) führten zu einer massiven Gewichtsreduktion von 45,5 kg in 2,5 Jahren. Hätten wir uns darauf beschränkt, die fettfreie Masse (FFM) als Maß für die Muskelmasse zu betrachten (alles, was nicht gelb ist), hätten wir dem jungen Mann, der nach 2,5 Jahren nun wirklich muskulös ist, mitgeteilt, dass sich seine Muskelmasse kaum verändert hätte. Klinisch betrachtet ist dies sicherlich völlig falsch.
Die geringere Fettmasse hatte zu einer drastischen Reduktion der fettfreien Masse des Fettgewebes um 13,4 kg geführt. Die Muskelmasse hatte sich von 10,9 auf 26,6 kg mehr als verdoppelt!
Im Übrigen war das gemeinschaftliche Duschen nach dem Sport dank der ordnungsgemäß entwickelten sekundären Geschlechtsmerkmale kein Problem mehr!
Die Messung der Körperzusammensetzung ist hilfreich, wenn man sie korrekt interpretiert!